nach Friedemann Schulz von Thun
Das 4-Ohren-Modell ist ein einfaches Hilfsmittel, das uns zeigt, wie wir in Gesprächen manchmal aneinander vorbeireden, ohne es zu wollen. Jedes Mal, wenn jemand etwas sagt, kann die Nachricht auf vier verschiedene Arten verstanden werden. Diese vier „Ohren“ oder Ebenen können uns helfen, unsere eigene Wahrnehmung der Worte zu prüfen und zu überdenken.
Manchmal verstehen wir eine Nachricht anders, als sie gemeint war, und das kann schnell zu Missverständnissen führen. Das Modell zeigt uns, wie vielseitig Worte sein können und warum es so wichtig ist, genau hinzuhören. Wenn wir uns das bewusst machen, können wir Missverständnisse vermeiden und Gespräche entspannter und besser gestalten.
Die vier Ebenen des 4-Ohren-Modells
Das 4-Ohren-Modell zeigt uns, dass jede Nachricht vier verschiedene „Ohren“ hat, mit denen wir sie hören können. Diese vier Ebenen sind:
1. Das Ohr der Sachebene - kurz gesagt, das Sach-Ohr
Mit dem Sach-Ohr hören wir die reine Information, die in der Nachricht steckt. Es ist der Teil der Nachricht, der uns sagt, was gesagt wird. Zum Beispiel, wenn jemand sagt: „Das Fenster ist offen“, hören wir mit dem Sach-Ohr, dass das Fenster offen ist. Auf dieser Ebene geht es nur um die Fakten, ohne Wertungen oder Hintergedanken.
2. Das Ohr der Selbstoffenbarung - kurz gesagt, das Selbstoffenbarungs-Ohr
Mit dem Selbstoffenbarungs-Ohr hören wir, was die andere Person von sich selbst zeigt oder mitteilen möchte. Hier geht es darum, was wir über den Sprecher selbst erfahren können, wie er sich fühlt oder was ihm wichtig ist. Wenn jemand sagt: „Das Fenster ist offen“, könnte dies auch heißen, dass die Person vielleicht empfindlich auf Zugluft reagiert oder dass sie friert. Das Selbstoffenbarungs-Ohr zeigt uns also, was die Person in dem Moment von sich selbst preisgibt.
3. Das Ohr der Beziehungsebene - kurz gesagt, das Beziehungs-Ohr
Das Beziehungs-Ohr empfängt die Botschaft darüber, wie die Beziehung zwischen den Gesprächspartnern gesehen wird oder wie der Sprecher zum Hörer steht. Hier hören wir heraus, was der Sprecher über uns denkt oder fühlt. Bei der Aussage „Das Fenster ist offen“ könnte das Beziehungs-Ohr zum Beispiel hören: „Ich finde, du solltest darauf achten, das Fenster zu schließen.“ Auf dieser Ebene empfinden wir oft, ob wir uns respektiert oder kritisiert fühlen.
4. Das Ohr der Appells - kurz gesagt, das Appell-Ohr
Mit dem Appell-Ohr hören wir heraus, ob der Sprecher etwas von uns möchte oder eine Erwartung an uns hat. Hier geht es darum, was wir tun sollen oder wie wir reagieren sollen. Wenn jemand sagt: „Das Fenster ist offen“, hören wir mit dem Appell-Ohr vielleicht die Bitte: „Kannst du das Fenster schließen?“ Auf dieser Ebene steckt oft eine Aufforderung oder ein Wunsch, der uns zum Handeln bewegen soll.
Warum ist das 4-Ohren-Modell so wertvoll?
Das 4-Ohren-Modell zeigt uns, dass wir auf verschiedene Weisen verstehen können, was jemand sagt, je nachdem, mit welchem „Ohr“ wir zuhören. Oft führt dies zu Missverständnissen, weil der Sprecher und der Hörer die Nachricht auf unterschiedlichen Ebenen wahrnehmen. Wenn wir beispielsweise nur mit dem Appell-Ohr zuhören, fühlen wir uns vielleicht schnell kritisiert oder unter Druck gesetzt, obwohl die andere Person einfach nur eine Feststellung machen wollte.
Das Modell hilft uns, bewusster zuzuhören und zu erkennen, dass hinter jeder Nachricht mehr steckt, als wir auf im ersten Hören verstehen. Es macht uns achtsamer dafür, wie wir selbst zuhören und wie wir unsere eigenen Botschaften senden.
Das 4-Ohren-Modell im Alltag
Im Alltag können wir das 4-Ohren-Modell nutzen, um Konflikte zu vermeiden und besser miteinander zu kommunizieren. Wenn wir uns bewusst machen, auf welcher Ebene wir gerade zuhören, können wir besser einschätzen, wie die Nachricht gemeint ist und was die andere Person tatsächlich ausdrücken möchte. Dadurch wird unsere Kommunikation klarer und wir können Missverständnisse vermeiden.
Das Modell erinnert uns daran, dass jede Nachricht vielschichtig ist und dass wir durch bewussteres Zuhören mehr über unsere Mitmenschen und auch über uns selbst erfahren können. Es hilft uns, respektvoller und achtsamer zu kommunizieren und in Gesprächen besser aufeinander einzugehen.
Hast Du Dich schon einmal intensiv dabei beobachtet, wie Du zuhörst?
Es kann sehr spannend und aufschlussreich sein, sich selbst beim Zuhören zu hinterfragen. Eine kleine Übung, die Dir dabei helfen kann, folgt nun. Sie lädt Dich dazu ein, die Ebenen des 4-Ohren-Modells in Dir noch tiefer zu verankern.
Denn nur weil wir eine Theorie kennen, bedeutet das nicht, dass wir sie auch automatisch anwenden können. Das heißt: Kennen ist nicht gleich Können!
Übung 1: Überlege Dir weitere 10 Aussagesätze
Schreibe unter jedem Satz, welche Worte in welcher Ebene von Dir oder von einer anderen Person verstanden werden könnten. Sei kreativ und schau, was in Dir passiert. Tauchen vielleicht Bilder in Deinem Kopf auf? Vielleicht sogar bekannte Situationen? Schreibe alles auf.
Alles, was neu ist, kann anfangs etwas schwerfallen, doch je öfter wir es regelmäßig machen, je leichter wird es mit der Zeit. Sieh es wie ein Spiel, denn es soll Spaß machen. Spannend und erkenntnisreich kann diese Übung auch als Gesellschaftsspiel sein. Auf diese Weise lernt man die Menschen im eigenen Umfeld und deren Denkweise automatisch besser kennen.
Übung 2: Fragen zur Selbstreflexion
Da Du nun schon ein gutes Gefühl für die verschiedenen Ohren entwickelt hast, geht es jetzt darum, Dich für mindestens eine Woche bewusst zu beobachten und herauszufinden, welche „Ohren“ Du bei unterschiedlichen Gesprächspartnern bevorzugt öffnest.
Stell Dir während eines Gesprächs folgende Fragen:
- Habe ich gerade das passende „Ohr“ für das Gespräch geöffnet?
- Welches „Ohr“ ist bei mir gerade im Vordergrund?
- Höre ich wirklich das, was mein Gesprächspartner sagt, oder eher das, was ich zu hören erwarte?
- Was nehme ich konkret wahr? Ist es wirklich das, was mein Gegenüber ausdrücken wollte?
- Höre ich achtsam und genau hin oder filtere ich das Gehörte durch eigene Überzeugungen und Erwartungen?
Beobachte Deine eigenen Gedanken und Gefühle
- Beobachte, was Du während des Gesprächs denkst und welche Gefühle in Dir aufkommen.
- Wo im Körper spürst Du diese Gefühle?
- Wie beeinflussen Deine eigenen Gedanken und Gefühle das, was Du wahrnimmst?
Und frage Dich: Möchte ich tatsächlich so denken und fühlen, wie ich es gerade tue?
Liegst Du zu 100 % richtig?
Stell Dir auch die Frage, ob Dein Gegenüber wirklich das ausdrücken wollte, was Du verstanden hast.
- Könnte es sein, dass Du die Botschaft anders aufgefasst hast als gemeint?
- Hast Du möglicherweise etwas missverständen?
- Warum reagierst Du so, wie Du reagierst? Was hat Deine Reaktion mit Dir selbst zu tun? Wurden vielleicht bestimmte Bedürfnisse nicht erfüllt?
Reflektiere Deine eigenen Gefühle
Nimm Dir Zeit, Deine Emotionen zu erkunden und ihre Ursachen zu verstehen.
- Warum löst das Gehörte zum Beispiel Wut, Trauer oder Freude in Dir aus?
- Welche Erfahrungen aus Deiner Vergangenheit könnten damit in Verbindung stehen?
Jeder Mensch seinen eigenen Kopf
Denke daran, dass andere Menschen nicht wissen können, wie die Worte auf Dich wirken, und dass sie vielleicht eine ganz andere Intention hatten, als Du verstanden hast. Der Empfänger ist immer der Bestimmer jeder Nachricht. Das heißt aber nicht, dass der Sender genau das sagen wollte.
Überlege, ob Deine Reaktion wirklich angemessen ist, und halte Dir vor Augen, dass jeder Mensch eine individuelle Sichtweise hat und durch unterschiedliche Erfahrungen geprägt ist.
Notiere Dir all Deine Erkenntnisse und schau sie Dir am Ende der Woche noch einmal an. Haben sich Deine Gedanken, Deine Wahrnehmung, Deine Gefühle verändert?
Das 4-Ohren-Modell ist ein wertvolles Werkzeug
Es kann uns unterstützen, Missverständnisse zu vermeiden und unsere Kommunikation zu verbessern.
Indem wir bewusster zuhören und die verschiedenen Ebenen in Gesprächen erkennen, können wir respektvoller und wertschätzender miteinander umgehen. Mit regelmäßigem Training kann es gelingen, unsere Beziehungen zu vertiefen und ein tieferes Verständnis für uns selbst und unsere Mitmenschen zu entwickeln.
Ich lade Dich ein, diese Übung in Deinem eigenen Tempo in den Alltag zu integrieren, um Schritt für Schritt positive Veränderungen in Deinen zwischenmenschlichen Beziehungen zu bemerken.
Ein kleiner Tipp: Halte Deine Erkenntnisse in einem Tagebuch fest und nutze es als Werkzeug für Dein mentales Training.
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Herzlichen Dank fürs Lesen und Dein Vertrauen.
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